CHRISTINE LJUBANOVIC

 
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Ein Groschenroman in einem geheimnisvollen Haus

Schrott und Ljubanovic

Handelsblatt, 17./18. Jänner 1997 – uls

Den Palazzo Passionei in Urbino, ein leeres, vom Verfall gezeichnetes Gebäude aus dem 15. Jahrhundert, hat Christine Ljubanovic 1978 entdeckt. Wieder und wieder besucht sie das Haus, macht Fotos von den Räumen und den wenigen zurückgebliebenen vergoldeten Möbelstücken.

Strukturen der gefliesten Böden, in die dunklen Räume einfallendes Sonnenlicht, ein mit irischem Holz ausgebessertes Tor. Zwei an einer Wand angebrachte Putten, von denen einer mit einer schwarzen Plastikfolie abgedeckt ist, dessen Kopf also erst aus einer ganz bestimmten Perspektive sichtbar wird – jedes Detail erscheint wie eine Chiffre der Geschichte des Hauses.

Auszüge aus einem Groschenroman, den Ljubanovic in einem Zimmer findet, nimmt der Schriftsteller Raoul Schrott als Vorlage für eine neue Geschichte. Das Buch von Schrott und Ljubanovic, in dem Fotos und die fragmentarisch gehaltene Textbearbeitung den Ort neu und jeweils anders erzählen, bleibt in einer rätselhaften, nicht aufhebbaren Schwebe. Der Palazzo Passionei zeigt sich in dem Zustand gegenwärtiger Vergangenheit, der die Imagination stets beflügelte, und als Ort möglicher Handlungen.

Schrotts Textbearbeitung verknüpft das Poetische und das Erzählerische; die triviale Kriminalhandlung erhält durch die Verbindung zum Palazzo und durch die Reduktion auf wenige Handlungsfragmente eine lyrische Aura.